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Workshop: Julia Eckert.

Die Kulturanthropologin Julia Eckert, Professorin am Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern, war am 15. November 2019 zu Gast bei der Forschungsgruppe Recht – Geschlecht – Kollektivität am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin.

Julia Eckert hat den Lehrstuhl für Politische Anthropologie inne und arbeitet schon lange zu Fragen an der Schnittstelle von Politik, Recht und Moral. Sie interessiert vor allem der Wandel politischer Institutionen, wie zum Beispiel des Rechts, in einer zunehmend globalisierten Welt. Wie reagiert rechtlicher methodischer Nationalismus auf grenzüberschreitende Verflechtungen?  Solche und andere Fragen untersucht Julia Eckert gegenwärtig am Beispiel der Haftung: Wie werden moralische und rechtliche Verantwortung ins Verhältnis gesetzt, wie verändern sich Institutionen der Haftung und Fürsorge, wie Konzept von Staatsbürgerschaft, politischer Partizipation und sozialer Gerechtigkeit unter Bedingungen zunehmender globaler Verflechtung?

Julia Eckert schaut aus der Perspektive der Politischen Anthropologie auf Recht – und trägt damit zur Debatte um die Effekte der zunehmenden Verrechtlichung bei. Das Berufen auf Recht sei grundsätzlich politisch und betreffe immer die Verhandlung des Gemeinwesens. Julia Eckert hob insbesondere diejenigen Prozesse der Rechtsmobilisierung hervor, die als außergerichtliche Einigungen, Vergleiche oder Einzelfallentscheidungen rechtliche Individualisierung und Fragmentierung zur Folge haben. Statt wie häufig kritisch angemerkt, führe dies nicht einfach zu einer Verrechtlichung von Sachverhalten und politischen Anliegen, vielmehr entstünden neue Formen der Kollektivierung und Repolitisierung, nicht zuletzt, weil die Versprechen des Rechts meist uneingelöst blieben. Grundsätzlich sei es, so betonte Julia Eckert, eine empirisch offene Frage, welche Möglichkeitsräume sich durch rechtliche Normsetzungen öffnen und wo sich Grenzen zeigen, aber auch wo Bestehendes gefestigt, wo transformative Prozesse in Gang gesetzt werden. Das eine solche Perspektive in vielerlei Hinsicht anschlussfähig zu unseren Positionen und ist, zeigte sich in der Diskussion, in der Julia Eckerts Kommentare zu Berichten aus den einzelnen Teilprojekten wichtige Anregungen lieferten. Wir freuen uns auf die – geplante – Fortsetzung des Austauschs!